Der umstrittene Einstieg der Reederei MSC bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) hat eine bedeutende Hürde überwunden. Der Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für öffentliche Unternehmen der Hamburger Bürgerschaft haben dem Vorhaben am Dienstagabend zugestimmt.
Senat, Opposition und Sachverständige diskutierten fast sieben Stunden lang in einem intensiven Schlagabtausch. Auch innerhalb der SPD gab es kritische Stimmen: Joachim Seeler, ehemaliger wirtschaftspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten, bezeichnete den MSC-Deal als historischen Fehler.
Nach Einsicht in die bisher geheim gehaltenen Verträge und Absprachen betonte Seeler, dass Hamburg faktisch die Kontrolle über die HHLA verlieren werde. Besonders kritisch sieht er das Vetorecht, das MSC bei allen wichtigen Entscheidungen eingeräumt wird. Der SPD-Abgeordnete Mathias Petersen forderte vergeblich eine erneute Preisprüfung für die HHLA durch den Senat. Seine Begründung: Er wolle seinen Kindern und Enkeln gegenüber Rechenschaft ablegen können.
Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses muss Petersen sich mit dem Deal intensiv beschäftigen, denn der Ausschuss soll voraussichtlich am 11. Juni seine Empfehlung dazu abgeben. Sollten SPD und Grüne mehrheitlich zustimmen, könnte die Bürgerschaft Anfang Juli endgültig entscheiden.
Senat will Containerumschlag stabilisieren
Der rot-grüne Senat plant, MSC bei der HHLA trotz Widerstandes von Betriebsräten, der Gewerkschaft ver.di und zahlreicher Beschäftigter zu integrieren, um den Containerumschlag zu stabilisieren. Die Stadt und die italienische Reederfamilie Aponte sollen die HHLA künftig als Gemeinschaftsunternehmen führen, wobei die Stadt eine Mehrheit von 50,1 Prozent behält. Zuvor hielt die Stadt rund 70 Prozent der börsennotierten HHLA. Im Gegenzug wird MSC seine Deutschlandzentrale in Hamburg errichten und das Ladungsaufkommen im Hafen von 2025 an steigern. Ziel ist es, bis 2031 jährlich eine Million Standardcontainer umschlagen zu können. Zudem soll das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro erhöht werden.
Noch vor Abschluss des Deals bringt MSC mehr Fracht nach Hamburg. Ab Juni wird die Stadt als zusätzlicher Hafen in eine Linienverbindung zwischen Asien und Nordeuropa integriert. Die Abfertigung erfolgt jedoch bei HHLA-Konkurrent Eurogate. 2023 verzeichnete der Hamburger Hafen einen Rückgang des Seegüterumschlags um 4,7 Prozent auf 114,3 Millionen Tonnen im Vergleich zum Vorjahr.
In der Expertenanhörung am Dienstag betonte Seeler, dass es nicht ausreiche, dass die Stadt die Mehrheit in der Gesellschaft behalte. Entscheidend sei, dass MSC keine Entscheidungen blockieren könne. Derzeit könne MSC jedoch alles verhindern, warnte Seeler die Abgeordneten und plädierte wie andere Experten für ein Verkehrswertgutachten.
Der rot-grüne Senat lehnt ein Verkehrswertgutachten bislang ab. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) erklärte im Ausschuss, der Senat habe sich für einen anderen Preis- und Verfahrensweg entschieden. Diese Entscheidung stieß auch beim SPD-Abgeordneten Petersen auf Unverständnis. Vor allem die CDU kritisiert, dass die HHLA deutlich unter Wert verkauft werde, und hat daher bereits eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht.
Bereits in einer ersten Expertenanhörung Anfang März hatten einige Sachverständige Zweifel am MSC-Einstieg bei der HHLA geäußert.
Quelle: NDR